24. DDR Meisterschaften im Crosslauf
in Erfurt am 15.03.1987

Auf dem Weg zum DDR Junioren Meistertitel 1987
Auf dem Weg zum DDR Junioren Meistertitel 1987
Sieg nach verpasster Hallensaison
Sieg nach verpasster Hallensaison
 
 
Auf dem Weg zum DDR Junioren Meistertitel 1987
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Sieg nach verpasster Hallensaison
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Meine Hallensaison fiel vorher aus. Saß wochenlang nur auf dem Ergometer. Noch eine Woche vor Erfurt durfte ich nicht laufen. Aber es war das Jahr der Junioren Europameisterschaften für mich. Denn wie war das damals? Du warst Junior bis zum Alter von 19. Also nur bis maximal 18 Jahre alt. Danach die Wahrheit: Männer-Altersklasse. Nichts mit U20 und gar U23, wie es heute der Fall ist! Also meist für jede*n Athlet*in nur eine Chance international aufzutreten. Und das wollte ich unbedingt. Deshalb war mir dieser Lauf so wichtig. Wieder da sein, Comeback und DDR-Meister werden. 

Lesen Sie die Einblicke in den Kopf eines 18jährigen Hochleistungssportlers Ende der 80er Jahre. Noch ein Geheimnis, was nicht im Artikel steht: Der Stützverband wurde nach 400m höchst-laut-fluchend abgerissen, flog weit durch die Luft und der West-adidas-Schuh schnell wieder angezogen.

 
 

Laufen mit Jens Karraß - Rubrik in Running Laufmagazin 2009: Jens Karraß (40) trifft Jens Karraß (18)

Alle meine Trainingtage sind von September 1981 bis zum Dezember 2000 lückenlos protokolliert. Eine wahre Fundgrube. So las ich vor kurzem als 40jähriger den Bericht des 18jährigen Karraß, wie er Laufen lebte und dachte – und verstehe mich dadurch immer wieder neu und besser. Viel Spaß dabei. Es ist der originale Text. 

 24. DDR Meisterschaften im Crosslauf in Erfurt am 15.03.1987

Dieser Jahreshöhepunkt des noch jungen 1987 sollte meine Wiederkehr aus der langen Verletzungsmisere werden. Der Gedanke an diesen Cross ließ mich seit Weihnachten die Fahrradrunden mit Ausdauer durchstehen. Durch die verpatzte Hallensaison und damit zwei verschenkten Titeln (15:08’ und 8:27’), bekam ich einen solchen Heißhunger auf die Teilnahme am Cross, dass ich eine Woche vor dem Start trotz aller Schmerzen damit begann, wieder zu laufen. Ja – und die Probleme mit dem rechten Fuß waren nicht geringer als vor den drei Wochen Radtraining. 

Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt. Umsonst geschunden? Ich wollte unbedingt sehen, wo ich mit diesem Radtraining im Cross stehen würde. Ob auch der dritte Titel des Jahres verletzungsbedingt an mir vorbeigehen müsste. So lief ich einfach weiter. Mein Doc empfahl den ersten Testlauf vier Tage vor dem Rennen, mit Stützverband, doch da hatte ich schon 5 Tage Lauftraining weg. Am Donnerstag dann der letzte Test: 12 km mit 1 km Endbeschleunigung in 2:55,7’. Wir wollten die Reizantwort abwarten. Und ich muss sagen, den Umständen entsprechend, und zwar dem Umstand, dass ich unbedingt starten wollte, ging es. Eigentlich ging’s natürlich nicht. 

Am Morgen der Cross-Meisterschaft war ich so locker wie nie. Nun ist also der Tag da, auf den ich gewartet hatte. Nun kam aber auch die Angst endgültig hoch. Traust Du Dir nicht zu viel zu? Rein zustandsmäßig, denn Laufen ist doch was anderes als Radfahren. Und überhaupt dem Fuß, denn wieder schlimmer werden durfte es auf keinen Fall. Ja, und das musste ich selbst entscheiden, denn mein weiser Trainer Bittermann überließ mir die Entscheidung. Den Läufern bot sich ein winterweißer Steigerwald, mit einer schweren 2km Runde. Zum schwierigen Bergprofil kam auch noch der sehr lockere Schneeboden, ähnlich eines Meeresstrandes. Unsere Taktik sah vor, dass ich die erste Hälfte betont locker angehe. Wir waren der Meinung, die Länge (8km) und das Profil sprechen für mich. 

Nach dem Einlaufen war ich wirklich super locker. Aber wenn ich Olaf Kirchner oder auch Dirk Vollbrecht sah, dann wurde mir flau. Das sind die Momente, wo ich dann doch lieber kein Läufer und schon gar nicht ein Wettkampfläufer auf nationalem Niveau sein möchte. Der bevorstehende Moment der Wahrheit – schonungslos wird er sein, das ist freiwillig gewollt schon schwer. Aber ich hatte ja nichts zu verlieren, nur einen weiteren Titel hinzuzufügen.  

Start, alles vergessen, die Hatz begann. Bei unserem kleinen Feld war ich natürlich gleich ganz vorn. Ich machte aber kein Tempo. Nach einem Kilometer zog Kirchner los und niemand folgte ihm. Er hatte gleich 70 Meter Vorsprung. Trotzdem blieb ich ganz ruhig und fühlte mich in dieser abwartenden Rolle auch ganz gut. Dann stieg Dirk nach und als er 30 Meter weg war, ging auch Thomas Reckenbeil durch. Dort ging ich mit und bergab sogar vorbei und zog ihn mit an Dirk heran. Dort nahm ich wieder Fahrt raus und Dirk hatte Zeit, sich zu erholen. Olaf ging mit 50m Vorsprung in die 2. Runde. Ich folgte mit Dirk und Torsten im Schlepp. Nach dem nächsten Bergabstück waren wir an Olaf dran und zogen ohne Pause gleich weiter. Dirk machte nun Druck und wir beide setzten uns ab. Am Ende jeder Runde ging es immer noch einmal ganz steil rauf. Dabei hatte ich schon gemerkt, dass Dirk diesen Anstieg sehr gut meistert. Jetzt wurden Runde 3 und 4 zu einem Zweikampf. Ich griff, um eine frühe Entscheidung zu erreichen, mehrmals resolut an und er parierte ebenso. Den steilen Anstieg am Ende der Runde 3 nutzte nun er und kam ca. 10 Meter weg. Ich sah da sehr schlecht aus. Ich ließ mich hängen und überlegte schon, ob Silber reicht. Zu meinem Glück ging es wieder relativ lange bergab und dabei erholte ich mich so leidlich. Und da hämmerte es in meinem Kopf: „Mensch, das ist die Chance auf einen Titel und das wolltest Du doch auch, dafür bist Du Rad gefahren. Ewig und langweilig, auf dem Ergometer und in der 300m langen Laufhalle, stundenlang. Hinterher ärgerst Du Dich!“ Also riss ich mich zusammen und lief wieder ran. Nun sah ich aber wirklich überhaupt nicht mehr gut aus. Und er startete ein Ding nach dem anderen. Er wollte mich loswerden. Er spürte, dass ich heute verwundbar war. An derselben Stelle, an der ich schon zweimal angetreten war, probierte ich es wieder, aber es kam nicht so knallhart wie gewollt, er machte selbst einen Gegenangriff daraus. So kam es, dass wir beide auf dem letzten steilen Anstieg, 400m vor dem Ziel, nicht mehr konnten! 

Der Anstieg zog sich in einer lang gezogenen Rechtskurve hin. Jetzt war Zeit für Taktik. Ich zog an, lief aber halb links neben der breitgetretene Schneegasse und machte rechts frei. Da er auch nicht mehr frisch war, kam er nur langsam auf meine Höhe. Ich konnte ihn so genau beobachten. Diese 5-6 Sekunden nutzte ich zum Luftholen für den entscheidenden Antritt. Ich lief eine Art Steigerungslauf. Als er fast neben mir war, ging ich nach rechts und sein Weg war vernagelt. Als es dann oben rechts herum ging und ich das Ziel sah, da konnte ich so fantastisch locker laufen, wie in den besten Zeiten. Und ich siegte und war überglücklich. Also doch die Nummer 1 !

1. Jens Karraß 27:24’, 2. Dirk Vollbrecht 27:26’, 3. Torsten Reckenbeil 27:53’, 4. Olaf Kirchner 27:59’. 

Von den Junioren DDR-Meisterschaften im Cross in Erfurt 1987 .... 

Videos einfach mal so? Gab es nicht. Farbfotos einfach mal so? Gab es nicht. Fotos von Wettkämpfen? Konntest du froh sein, wenn du danach per glücklicher Fügung welche bekommen hast. Analoge, entwickelte und per Post mit Briefmarke an dich adressiert. Tja, wir sind happy, diese zwei zu haben. 

Original-Eintrag aus seinem Trainings-Tagebuch zu den DDR Cross-Meisterschaften, der auch als Artikel im Laufmagazin Running veröffentlicht wurde  >>>

Personal Trainer Jens Karraß in Berlin erzählt aus seiner sportlichen Karriere
 
 
 
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